Das Berufsvorbereitungsjahr (BVJ) ist ein schulischer Bildungsgang in fast allen Bundesländern, der der Berufsvorbereitung dient. Das BVJ wurde für Schüler*innen eingerichtet, die nach der Beendigung oder dem Abbruch der Schule weder einen Ausbildungsplatz finden noch weiterführende Schulen besuchen, aber noch der Schulpflicht unterliegen. Es findet an berufsbildenden Schulen statt.

Die Schüler*innen können durch das BVJ ihre Schulpflicht erfüllen und gleichzeitig unter Umständen den Hauptschulabschluss erwerben. Im BVJ wird berufliches Grundwissen in einer oder mehreren Berufsgruppen vermittelt. Es dient somit auch der beruflichen Orientierung, neben der Erweiterung der Allgemeinbildung und dem Erwerb von grundlegenden Schlüsselqualifikationen, die zu einer (verbesserten) Ausbildungsreife führen sollen. Mit dem einjährigen Besuch des BVJ endet die Schulpflicht, selbst wenn das Schuljahr nicht erfolgreich bestanden wird. Die Voraussetzungen in Halle sind von den Rahmenbedingungen als gut einzustufen. Leider sind die Schüler*innen, welche im BVJ einmünden, oft schon sehr geprägt von einer sehr hohen Schulabstinenz, Schulunwillen, schlechten schulischen Erfahrungen sowie einhergehenden kriminellen Auffälligkeiten.

Wir fragen deshalb die Stadtverwaltung:

  1. Wie kann es besser gelingen, die Schüler*innen auf einen Schulabschluss und ggf. auf eine Ausbildung zu orientieren?
  2. Wäre eventuell eine Aufteilung des einen Standortes auf 2 – 3 Standorte für eine gelingende schulische Integration bzw. für einen Abschluss günstiger für die Teilnehmer*innen?
  3. Wurde das Angebot in den letzten Jahren evaluiert?
  4. Wenn ja, mit welchen Ergebnissen?
  5. Wenn nein, stellt die Stadtverwaltung eine diesbezügliche Evaluierung in Aussicht?

Antwort der Verwaltung:

Der Beantwortung muss vorangestellt werden, dass für das Berufsvorbereitungsjahr die Agentur für Arbeit Halle und das Landesschulamt zuständig sind. Frage 1 der Anfrage wird von der Agentur für Arbeit Halle beantwortet, die Fragen 2-5 werden vom Landesschulamt beantwortet.

1. Wie kann es besser gelingen, die Schüler*innen auf einen Schulabschluss und ggf. auf eine Ausbildung zu orientieren?

Die Zielgruppe wird im zutreffenden Einzelfall bei freiwilliger Beratung von den Berufsberatern der Agentur auch auf die alternative Einstiegsqualifizierung im Sinne von § 54a SGB III beraten, wenn zwar in der Regel ein Schulabschluss, aber noch keine Ausbildungsreife vorliegt.

Nach den langjährigen Erfahrungen der Agentur für Arbeit profitiert gerade die beschriebene Gruppe der schulmüden Jugendlichen von der unmittelbaren Integration in einen Betrieb im Rahmen eines vergüteten Praktikums per Einstiegsqualifizierung. Die Schlüsselkompetenzen werden durch diese Form der Sozialisation gefördert und die Motivation zum Lernen wieder aktiviert. 70 % der Absolventen werden nahtlos nach Ende der Ausbildung übernommen, häufig sogar unmittelbar im Einstiegsqualifizierungsbetrieb.

Für besondere Zielgruppen sind Kombinationsprodukte entwickelt worden. So können eine EQS für Migranten und die seinerzeit  in Halle modellhaft entwickelte Einstiegsqualifizierung+ mit einem Theorieanteil von 20 %, realisiert durch eine Berufsbildende Schule, absolviert werden.

2. Wäre eventuell eine Aufteilung des einen Standortes auf 2 – 3 Standorte für eine gelingende schulische Integration bzw. für einen Abschluss günstiger für die Teilnehmer*innen?

Gemäß den Ergänzenden Regelungen zur Klassenbildung an berufsbildenden Schulen; Änderung RdErl. des MK vom 15.05.2018-22-82003 können Anfangsklassen im Berufsvorbereitungsjahr bereits ab acht Schülerinnen und Schüler gebildet werden. Im Schnitt beträgt die Klassenstärke 8-12 Schülerinnen und Schüler. Diese Klassengröße erlaubt eine differenzierte und individuelle Förderung der Schülerinnen und Schüler sowohl in der Theorie als auch in der Ausprägung fachpraktischer Kompetenzen.

Für die Beschulung verhaltensauffälliger, lernbeeinträchtigter, lernbehinderter und sozial benachteiligter Schülerinnen und Schüler übernimmt die Schule die Aufgabe, eine kontinuierliche sozialpädagogische Betreuung vorzuhalten. Es werden Unterstützung und Rat in Bezug auf sozialpädagogische Betreuung in Zusammenarbeit mit den Erziehungsberechtigten der Jugendlichen u.a. durch Beratungs-LK, schulpsychologische Beratung des Landesschulamtes, der Kinder- und Jugendberatungsstellen sowie Lebensberatungsstellen erteilt.

Die Schülerinnen und Schüler werden in zwei Berufsbereiche eingeführt. Die jeweilige Kombination der Berufsbereiche richtet sich nach den sächlichen und personellen Bedingungen der Schule. Die Jugendlichen erhalten nach Maßgabe der vorhandenen Fachpraxisplätze die Möglichkeit, aus den angebotenen Kombinationen der Berufsbereiche auszuwählen.

In der Stadt Halle (Saale) boten im Schuljahr 2019/20 drei berufsbildende Schulen das Berufsvorbereitungsjahr an. An diesen drei Standorten wurden in insgesamt 15 Klassen mit 207 Schülerinnen und Schüler unterrichtet. Von den 10 in Sachsen-Anhalt zur Verfügung stehenden Berufsbereichen werden in den Schulen der Stadt Halle sechs angeboten.

Das Erfordernis einer weiteren Aufteilung wird nicht gesehen.

3. Wurde das Angebot in den letzten Jahren evaluiert?

Der Besuch eines Berufsvorbereitungsjahres bereitet auf das Ausbildungs- und Berufsleben vor. Eine Evaluation des Berufsvorbereitungsjahres kann sich, wie jede Evaluation auf Gesamtprozesse, auf Teilaspekte oder das Endergebnis beziehen. Sie kann extern und intern erfolgen.

Im Rahmen von externen Evaluationen an den Berufsbildenden Schulen in Halle (Saale) wurde die Qualität des Unterrichts, das Schul- und Klassenklima, die Schulkultur, die Professionalität der Lehrkräfte, das Schulmanagement und die Außenbeziehungen analysiert. Eingeschlossen war hier stets das Berufsvorbereitungsjahr.

Daten zu Absolventen, zur Zahl der Schulabbrecher*innen, zu erreichten Hauptschulabschlüssen, zu Übergängen in eine Berufsausbildung stellt das Statistische Landesamt zur Verfügung. Die Statistiken des Statistischen Landesamtes Sachsen-Anhalt sind öffentlich abrufbar. Die schuljahrbezogenen Statistiken finden sich in den Statistischen Berichten „Berufsbildende Schulen und Schulen für Berufe im Gesundheitswesen“, abrufbar unter: https://statistik.sachsen-anhalt.de/themen/bildung-sozialleistungen-gesundheit/bildung/berichte-bildung/

(Link zum jüngsten Statistischen Bericht 2019/20: https://statistik.sachsen-anhalt.de/fileadmin/Bibliothek/Landesaemter/StaLa/startseite/Themen/Bildung/Berichte/Berufliche_Schulen-Berufsbildung/6B201_2019-20-A.pdf).

Ergänzt sei, dass die Daten auch in dem für den Stadtrat zur Verfügung gestellten FaktenCheck Bildung(http://www.halle.de/de/Verwaltung/Bildung/Kommunales-Bildungsm-09782/Bildungsmonitoring/)einzusehen sind (Berufsvorbereitungsjahr S.16, Kennziffer-Nr. 086).

4. Wenn ja, mit welchen Ergebnissen?

Siehe Antwort zu Frage 3.

5. Wenn nein, stellt die Stadtverwaltung eine diesbezügliche Evaluierung in Aussicht?

Schulinterne und externe Evaluationen zu den in Frage 2 aufgeführten Inhalten werden über die oberste Schulbehörde, das LISA und das LSchA gesteuert und veranlasst.

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