Der Brandanschlag auf die Freiwillige Feuerwehr Lettin hat eine kritische Infrastruktur beschädigt, die für den Schutz der Menschen in Halle bedeutsam ist. Derartige kritische Infrastrukturen sind für eine Gesellschaft lebensnotwendig. Dazu gehören zum Beispiel Energie- und Kommunikationsnetze, Trinkwasserleitungen, Verkehrsinfrastrukturen und Hilfeleistungssysteme, wie Feuerwehren und Rettungsdienste.

Die Bundesregierung hat vor Kurzem ein Dachgesetz zum Schutz kritischer Infrastrukturen erlassen. Anlass dafür waren absehbare und bereits erfolgte Angriffe auf kritische Infrastrukturen, wie den Bundestag und die Deutsche Bahn. Unbestritten häufen sich diese Angriffe derzeit und zeigen, wie verletzlich Deutschlands Lebensgrundlagen tatsächlich sind.

Noch vor wenigen Jahren glaubten die Experten für kritische Infrastrukturen vor allem an eine militärische Bedrohung, doch das ist längst nicht mehr zeitgemäß. Aktuell gut zu beobachten ist, dass auch unverbundene Schadereignisse umfassende Wirkungen entfalten. Die Grenzen zwischen Angriff, Sabotage und Sachbeschädigung sind dabei fließend.

Löst sich der Blick vom Einzelereignisse, wird deutlich, dass Hackerangriffe auf Landkreise, Sabotage der Bahn, Stromausfälle nach Steinwürfen auf Umspannwerke, Vandalismus und professionelle Kriminalität, politische Aktionen mit dem Ziel der Schadensmaximierung, Angriffe auf Rettungsdienste sowie die Brandstiftung bei der Feuerwehr einen gemeinsamen Nenner haben können: Zusammengenommen können solche Einzelereignisse einen kritischen Schwellenwert überschreiten.

Die Aufzählung mag undifferenziert sein und blendet unterschiedliche Kontexte aus, aber sie zeigt folgendes: Wenn eine Gesellschaft durch Unsicherheit beherrscht wird, ist das Zusammenleben zunehmend bedroht. Die schwächste Stelle unserer Stadt sind dabei ihre kritischen Infrastrukturen. Wer auf Schadensmaximierung sinnt, greift zudem die Hilfeleistungssysteme wie Feuerwehren, Krankenhäuser und Rettungsdienste an.

Nüchtern betrachtet, sind unsere kritischen Infrastrukturen alles andere als sicher. Energienetze und Verkehrsinfrastrukturen sind auch ohne Sabotage fortwährend überlastet, die Feuerwehren dank (teilweiser) Uralttechnik und Personalmangel eingeschränkt einsetzbar, ebenso der Rettungsdienst und der Katastrophenschutz. Es fehlt seit Jahren an Investitionen in alternative Notfallsysteme, an Personalgewinnung und gesellschaftlicher Anerkennung. Allgegenwärtige „Bürokratiemonster“, wie das europäische Vergaberecht, und die Abhängigkeit von Drittstaaten bei der Beschaffung von Technologien schränken die Möglichkeiten, ein gewisses Maß an Unverletzbarkeit zu erreichen, zusätzlich ein.

Ironischerweise können die Erfahrungen der Corona-Epidemie, der Flüchtlingskrise und des Ukraine-Krieges hier helfen. Deutschland hat gezeigt, dass es in Notsituationen schnell und zielgenau handeln kann. Auch die Stadt Halle kann und muss ihre Infrastrukturen, Feuerwehren und Rettungsdienste besser schützen. Schon heute lässt sich mit Gewissheit sagen, dass Sicherheit das wichtigste Zukunftsthema ist.
Die Stadt muss sich dieser Aufgabe stellen.

Dr. Sven Thomas

Pressemitteilung vom 07.08.2023

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