Braunkohle gilt als „Klimakiller“. Doch lange Zeit sorgte sie für Wärme und Elektrizität, waren ihr Arbeitsplätze und Wohlstand zu verdanken. Tagebaue und Abraumhalden prägten das Landschaftsbild einschneidend. Jetzt ist der Ausstieg besiegelt. Bis 2038 verabschiedet sich die Bundesrepublik schrittweise von der Braunkohle. Das bestimmt das Kohleausstiegsgesetz, welches im August in Kraft trat und auch das Mitteldeutsche Revier und die Stadt Halle (Saale) betrifft.

Der Kohleausstieg ist zugleich ein Ausstieg aus der „alten“ Industriegesellschaft. Dieser wird einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zufolge in unserer Region bis zu 7.000 Arbeitsplätze kosten. In den 90er Jahren führte der Abbau von Arbeitsplätzen zur Massenarbeitslosigkeit in Ostdeutschland. Die damalige Strategie der Bundesregierung hatte die Ansiedlung und Entwicklung innovativer Unternehmen vernachlässigt. 30 Jahre später ist es deshalb noch immer nicht gelungen, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Ostens an den Westen heranzuführen.

Nun sollen an die Stelle der „schmutzigen“ Kohle „saubere“ Jobs in nachhaltigen Industrien treten. Im Chemiesektor hat das funktioniert, was die modernen Standorte in Bitterfeld, Schkopau und Leuna beweisen. Auch die Stärkung der Universität Halle und ihre Verknüpfung mit der Chemieindustrie im Umland sind ein hervorragender Ansatz, der sich gern in anderen Bereichen fortsetzen darf. Das Braunkohle-Aus wird Halle und den Saalekreis verändern, weshalb beide Kommunen eine gemeinsame wirtschaftliche Zukunft gestalten wollen. Ehrgeizige Pläne wurden dazu vorgestellt: Leuchtturmprojekte, wie der Ausbau des Weinbergcampus, ein Bio-Wirtschafts-Zentrum im Chemiepark Leuna, ein neues Gewerbegebiet Star Park II, ein digitales Anwendungszentrum in Merseburg sowie der Umbau des alten RAW-Geländes unweit des Hauptbahnhofs zu einem neuen Stadtquartier der Saalemetropole.

Bisher besteht tatsächlich der Eindruck, als würden die Fehler der 90er Jahre nicht wiederholt. Für viele Betroffene wird es dennoch kein leichter Weg. Wie damals trägt erneut die ältere Generation die Last der Umgestaltung. Sie haben Anerkennung und Unterstützung verdient. Die Fraktion Hauptsache Halle wird diesen Weg kritisch, aber konstruktiv begleiten.

Erschienen im AMTSBLATT der Stadt Halle (Saale), 18. November 2020

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