Eine gut ausgebaute und erhaltene Straßeninfrastruktur ist ein Standortargument für Unternehmensansiedlungen im interkommunalen Wettbewerb. Eine mangelhaft unterhaltene Straßeninfrastruktur führt zu einem exponentiell steigenden Substanzverlust. Bei zu späten Erhaltungsmaßnahmen drohen Straßen in einen Zustand abzurutschen, der keine Erhaltungsmaßnahmen mehr zulässt, sondern der dazu führt, dass die Straßen kostenintensiv erneuert werden müssen.
Der Zustand von Straßen wird üblicherweise einer Zustandserfassung und Bewertung unterzogen und in Zustandswerte (Kategorien) von „sehr gut“ (Kategorie 1, Zustandswert 1,0-1,5) bis „sehr schlecht“ (Kategorie 5, Zustandswert: 4,5-5,0) eingeteilt, da die finanziellen Mittel für Reparaturen an Straßen nur dann zielgerichtet eingesetzt werden können, wenn bekannt ist in welchem Zustand diese sind. 
Bei der Zustandserfassungwerden die Längs- und die Querebenheit, die Griffigkeit und die Substanzmerkmale (Oberfläche) (z.B. Risse, Flickstellen, Ausbrüche) üblicherweise mit schnellfahrenden Messfahrzeugen erfasst.

Gemäß ZTV ZEB-StB kommt den Zustandswerten 3,5 und 4,5 besondere Bedeutung zu. Der

Zustandswert 3,5 (Warnwert)beschreibt den Zustand, dessen Erreichen Anlass zu intensiver Beobachtung, zur Analyse der Ursachen für den schlechten Zustand und gegebenenfalls zur Planung von geeigneten Maßnahmen ist. Der Zustandswert 4,5 (Schwellenwert)beschreibt den Zustand, bei dessen Erreichen die Einleitung von baulichen oder verkehrsbeschränken-den Maßnahmen geprüft werden muss.

2019 teilte die Verwaltung mir aufgrund meiner Anfrage vom 08.10.2019 mit, dass sich ein digitales Straßeninformationssystem bereits seit 2018 im Aufbau befinde und die dafür geschaffene Stelle 2019 im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens neu besetzt werde.


Ich frage deshalb die Stadtverwaltung:

  1. Verfügt die Verwaltung nach 3 Jahren des Aufbaus jetzt über ein digitales Straßeninformationssystem, dem die Beschaffenheit von Straßen, Geh- und Radwegen entnommen werden kann? Wenn nein, wieso nicht?
  2. Beabsichtigt die Verwaltung – wie zahlreiche andere Kommunen – die Zustandserfassung der Straßen (z.B. Risse, Flickstellen, Ausbrüche) mit schnellfahrenden Messfahrzeugen zu erfassen?
  3. Wenn nein, wieso nicht?  Wenn ja, wann?
  4. Wie lang ist das Straßennetz von Halle (Saale) zum Stichtag 01.01.2021 insgesamt? Wieviel Kilometer befestigte Straßen davon befinden sich in der Baulast der Stadt Halle (Saale) zum 01.01.2021? (Bitte Darstellung mittels Übersichtskarte)
  5. Wie viele Kilometer befestigte Straßen in eigener Baulast werden mit einer Note oberhalb von 3,5 nach ZTV ZEB-StB bewertet? Welchem Prozentsatz entspricht dies?
  6. Wie viele Kilometer befestigte Straßen in eigener Baulast werden mit einer Note von 3.5 bis 4,4 nach ZTV ZEB-StB bewertet? Welchem Prozentsatz entspricht dies?
  7. Wie viele Kilometer befestigte Straßen in eigener Baulast werden mit der Note 4,5 und schlechter nach ZTV ZEB-StB bewertet? Welchem Prozentsatz entspricht dies?
  8. Mit welchem (ggf. geschätzten) Investitionsbedarf rechnet die Stadt Halle (Saale), um diejenigen Straßen, die heute mit 3,5 oder schlechter nach ZTV ZEB-StB bewertet werden, instand zu setzen?
  9. Auf welcher Grundlage entscheidet die Verwaltung darüber welche Straßenabschnitte welcher Straßen wann und in welchem Ausmaß instandgesetzt bzw. neu ausgebaut werden?

Antwort der Verwaltung:

1. Verfügt die Verwaltung nach 3 Jahren des Aufbaus jetzt über ein digitales Straßeninformationssystem, dem die Beschaffenheit von Straßen, Geh- und Radwegen entnommen werden kann? Wenn nein, wieso nicht?

Die Stadt verfügt noch nicht über eine systematische Straßenzustandserfassung aller städtischen Straßen. Die mit einer Stellenbesetzung in 2018 begonnene systematische Straßenzustandserfassung musste Ende 2018 aufgrund Personalweggangs abgebrochen werden. Zwischen 2019 und August 2021 erfolgten mehrfach erfolglos Stellenausschreibungen. Erst mit der Neubesetzung zum 1.September 2021 kann diese Aufgabe fortgesetzt werden.

2. Beabsichtigt die Verwaltung – wie zahlreiche andere Kommunen – die Zustandserfassung der Straßen (z.B. Risse, Flickstellen, Ausbrüche) mit schnellfahrenden Messfahrzeugen zu erfassen?

Nein.

3. Wenn nein, wieso nicht? Wenn ja, wann?

Schnellfahrende Messfahrzeuge sind im Allgemeinen in Innerortsstraßen ungeeignet. Das Fahrzeug benötigt für die Messfahrt eine gleichbleibende Geschwindigkeit von rd. 50 km/h. Es kann somit nur auf Fahrbahnen, nicht jedoch auf Geh- und Radwegen zum Einsatz kommen. Die erforderliche Fahrgeschwindigkeit kann auf Innerortsstraßen durch die Vielzahl an Kreuzungen, Fußgängerüberwegen etc. nicht gewährleistet werden. Weiterhin sind Randbereiche der Fahrbahn in der Stadt oft dem Parken vorbehalten oder mit anderen Hindernissen bestellt, was die Möglichkeit der Messfahrt und die Datenerhebung einschränkt. Aus diesem Grund gilt die ZTV ZEB-StB 06 für die Straßen in der Baulast des Bundes und der Länder, nicht jedoch für innerorts gelegene Gemeindestraßen.

4. Wie lang ist das Straßennetz von Halle (Saale) zum Stichtag 01.01.2021 insgesamt? Wieviel Kilometer befestigte Straßen davon befinden sich in der Baulast der Stadt Halle (Saale) zum 01.01.2021? (Bitte Darstellung mittels Übersichtskarte)

Die Stadt verfügt über ein Straßennetz von rd. 650 km. Eine georeferenzierte Datenerfassung des öffentlichen Straßennetzes liegt nicht vor, so dass eine entsprechende Karte nicht generiert werden kann.

5. Wie viele Kilometer befestigte Straßen in eigener Baulast werden mit einer Note oberhalb von 3,5 nach ZTV ZEB-StB bewertet? Welchem Prozentsatz entspricht dies?

Die ZTV ZEB-StB beinhaltet zusätzliche technische Vertragsbedingungen für die Straßen des Bundes und der Länder. Die Stadt Halle führt die Zustandsbewertung nach den Empfehlungen für das Straßenmanagement von Innerortsstraßen (E EMI 2012) durch. Diese Zustandserfassung befindet sich derzeit im Aufbau. Unabhängig von der Bewertung nach E EMI 2012 befinden sich rd. 70% in einem schlechten Zustand mit dringendem Instandsetzungsbedarf.

6. Wie viele Kilometer befestigte Straßen in eigener Baulast werden mit einer Note von 3.5 bis 4,4 nach ZTV ZEB-StB bewertet? Welchem Prozentsatz entspricht dies?

Siehe Beantwortung zu Frage 5.

7. Wie viele Kilometer befestigte Straßen in eigener Baulast werden mit der Note 4,5 und schlechter nach ZTV ZEB-StB bewertet? Welchem Prozentsatz entspricht dies?

Siehe Beantwortung zu Frage 5.

8. Mit welchem (ggf. geschätzten) Investitionsbedarf rechnet die Stadt Halle (Saale), um diejenigen Straßen, die heute mit 3,5 oder schlechter nach ZTV ZEB-StB bewertet werden, instand zu setzen?

Siehe Beantwortung zu Frage 5. Die Stadt geht von einem höheren zweistelligen Millionenbetrag aus

9. Auf welcher Grundlage entscheidet die Verwaltung darüber welche Straßenabschnitte welcher Straßen wann und in welchem Ausmaß instandgesetzt bzw. neu ausgebaut werden?

Oberste Priorität hat die öffentliche Sicherheit. Sofern eine konkrete Unfallgefahr festgestellt wird, wird unverzüglich gehandelt und die notwendigen Maßnahmen ausgeführt. Ein weiteres Kriterium ist die Klassifikation der Straßen (z.B. Hauptstraße, Anliegerstraße). Die Straßeninstandsetzung erfolgt anhand des Schädigungsbildes und der verfügbaren Finanzmittel zur Instandhaltung- bzw. Instandsetzung.

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